Anton, der aus einem alten Hütehunde-Geschlecht aus Ungarn stammt, weiß ganz genau worauf es im Leben ankommt: „Du musst die besten Plätze besetzen, wenn du ein gutes Leben haben willst …“ Der beste Platz ist zum Beispiel die Gartenbank neben der Haustüre, mit einem weiches Kissen drauf, ein wenig Sonne und ein bisschen Schatten und dazu ein Hauch von Bratenduft in der Luft … Da fängt er an zu träumen, von der Puszta, von riesigen Herden voller Graurinder, Wollschweinen und Zackelschafen, die es zu bewachen gilt und von seinem mutigen Onkel Ferec, der so manches Zackelschaf vor den Goldschakalen gerettet hat. Von ihm hat er alles gelernt, was für einen Hütehund wichtig ist. Ja, das Leben könnte so schön sein, wäre da nicht Mizzi, die große schwarze Familienkatze, die sich immer heimlich anschleicht und ihm mit ihren scharfen Krallen, seine besten Plätze streitig macht.
Im zweiten und dritten Kapitel stellt uns Anton seine „Herrschaften“ vor. Da ist Friedbert, der so gar nichts von Hütehunden versteht, dafür aber gerne mit ihm wandert, allerdings nur auf zwei Pfoten und deshalb leider nicht so schnell wie Anton ist. Um ihn zurückzurufen, benützt er deshalb eine Hundepfeife, die Anton gerne überhört. Seine Herrin heißt Emily, die Hüterin der Küche. Sie öffnet seine Dosen und abends riechen ihre Hände wunderbar nach Hähnchenhaut, Leberwurst und Schinken, wenn sie ihm heimlich unter dem Tisch etwas zusteckt. Auch ihre Schuhe riechen gut … doch das ist eine andere Geschichte.
Und dann ist da noch „die Kleine“, die kaum größer ist als er selbst, aber die Einzige, die weiß, wie man ihn richtig krault. Vor der Kleinen fürchtet sich sogar die Katze. Sie ist seine Spielgefährtin und teilt mit ihm Kekse und Leberwurstbrote. Dafür lässt Anton sie auch aus seinem Napf trinken …
Nachdem Anton mal wieder Emilys Schuhe zerkaut hat, wird er in eine Hundeschule geschickt, dort herrscht Frau Stepptritt, die ihm gleich zu Beginn ins Ohr flüstert: „Von jetzt an tust du was ich sage. Ich bin der Boss. Du bist hier bloß der Hund!“ Doch das ändert sich schlagartig, als Anton, die Kleine vor dem Sturz in ein Eisloch auf einem zugefrorenen Weiher bewahrt, da wird er dann über Nacht zum Heldenhund und darf plötzlich alles, was früher verboten war …
Die Autorin Jutta Richter erzählt in diesem wunderbaren Kinderbuch aus dem Blickwinkel Antons humor- und liebevoll und nicht nur für „die Kleinen“ von den Missverständnissen zwischen Hund und Halter. Hildegard Müllers minimalistischen Zeichnungen unterlegen und pointieren die Geschichten.
Im Mittelpunkt steht das ständige Fehldeuten des Verhaltens des jeweils anderen, was Mensch und Hund immer wieder erneut in Konflikte versetzt. In einer im Februar 2015 veröffentlichten Studie ungarischer Wissenschaftler wurde herausgefunden, daß Menschen den Blick ihrer Hunde sehr selten treffsicher deuten können. Andersherum scheinen Hunde da weit mehr Menschenkenntnis zu besitzen 😉 Wer noch ein bisschen weiterlesen möchte, dem empfehle ich den Artikel „Der missverstandene Hund“ von Christina Hucklenbroich. Hier ist auch sehr gut beschrieben, wie bei einem österreichischen Forschungsprojekt mit Hilfe eines Touchscreens entdeckt wurde, daß Hunde sogar bei fremden Menschen verschiedene Gesichtsausdrücke sehr gut deuten können. Es steckt also ganz schön was im Argen zwischen uns Menschen und unseren Hunden. Und meist wissen wir selbst genau, daß mangelnden Konsequenz, unsere immer mehr verkümmernde Körpersprache und nicht zuletzt unser fehlendes Wissen über unsere Hunde, die Auslöser für vielfältige Verhaltensstörungen bei unseren 4-Beinern darstellen können.
Dass trotzdem nicht jeder Hund „auf die Couch“ muss, sieht man an Anton, der am Ende eines jeden Kapitels „schreibt“: „Nicht dass ich mich beklagen will. Im Großen und Ganzen habe ich es gut getroffen …
Jutta Richter (Autorin) / Hildegard Müller (Illustratorin): Ich bin hier bloß der Hund. München: Hanser-Verlag, 2011, 116 Seiten, ISBN 978-3-446-23792-6, Gebundene Ausgabe: Euro 10,00. Gib es auch als Taschenbuch-Ausgabe und als Hörbuch (Für Menschen ab 8 Jahren)
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